BUND Kreisgruppe Herzogtum Lauenburg

Schafsriss in Göttin: Es war ein Wolf

Stellungnahme der BUND Kreisgruppe Herzogtum Lauenburg (ab Zeile 44)

DNA-Analyse bestätigt Verdacht – Tierzüchter und Jäger fordern ein strengeres Vorgehen gegen den Wolf

Von Rabea Osol

Göttin. Tagelang um ihre Schafe gebangt hat die Züchterin Martina Majert aus Göttin nach dem Angriff auf ihre kleine Herde Ende Dezember. Sechs Tiere wurden damals in der Nacht auf ihrer Weide hinterm Haus getötet. Die verbliebenen wurden teils schwer verwundet. „Zum Glück haben aber alle verletzten überlebt und sich inzwischen erholt", erzählt Majert erleichtert.

Hinter dem Angriff steckt ein Wolf – das hat nun die zuständige Behörde, das Landesamt für Umwelt (LfU, ehemals LLUR), bestätigt. Ein Wolfsbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein hatte nach dem Vorfall DNA-Proben aus den Wunden der getöteten und verletzten Schafe von Martina Majert entnommen und in Neumünster analysieren lassen.

Wolf war bekannt, aber nicht resident. LfU-Sprecher Martin Schmidt teilt auf LN-Anfrage mit: „Es handelt sich um den uns bekannten Wolf GW2786m. Er ist keines der residenten Tiere und wird auch keinem Paar zugerechnet." Nach Auswertungen des LfU hatte derselbe Wolf schon im November 2022 in Büchen Schafe gerissen. Nach dem Riss in Göttin wurde das Tier dann laut Martin Schmidt nur noch einmal am 9. Januar 2023 in der Nähe des mecklenburgischen Ortes Schönwolde nachgewiesen.

Martina Majert trifft jetzt weiter Sicherheitsvorkehrungen. „Meine Schafe bleiben bis April noch im Stall." Bis dahin will die Landwirtin ihre Umzäunung aufrüsten. Die galt bislang nicht als „wolfsabweisend" nach den vom Land festgelegten Kriterien. Diese richten sich nach verschiedenen Faktoren wie Höhe (mindestens ein Meter je nach Material), Litzenanzahl (mindestens fünf) und Spannung (mindestens 3500 Volt). Die Stromstärke sei dabei der entscheidende Faktor, heißt es auf der Internetseite der Landesregierung.

In Wolfspräventionsgebieten, zu denen auch das Herzogtum Lauenburg gehört, können Schafhalter Fördergeld vom Land beantragen. Die Summe richtet sich nach der Anzahl der Tiere. „Da mir jetzt sechs Schafe fehlen, bekomme ich auch weniger", bedauert Martina Majert. Den Aufbau des neuen Zaunes muss sie selbst übernehmen. „Da kommen wahrscheinlich ein paar tausend Euro auf mich zu."Schafhalter, die ihre Herde in einem Wolfspräventionsgebiet halten und eine wolfsabweisende Umzäunung haben, können im Falle eines Wolfsrisses Ausgleichszahlungen vom Land beantragen. Ein Rechtsanspruch besteht darauf aber nicht.

Laut Janine Bruser, Chefin des Landesverbandes Schleswig-Holsteinischer Schaf- und Ziegenzüchter, sind diese Regelungen zu streng. „Für alle Schafhalter ist der Wolf ein Problem. Und wolfsabweisende Zäune zu ziehen, ist nicht immer so leicht." So ein Zaun könnte unter rauer, norddeutscher Witterung auch mal kaputt gehen, wegwehen oder aufgrund von unebenem Boden gar nicht erst korrekt installiert werden. Wenn dann ein Wolfsriss passiert, blieben die Halter trotz der Umzäunung auf dem Schaden sitzen. „Eine wolfsabweisende Umzäunung hat ihre Grenzen. Es gibt Weidehaltungen, wo das einfach nicht möglich ist."

Folgen für Schafhalter sind verheerend

Nicht zu vergessen: Die schweren Folgen für die Schafhalter. „Das kann zu einer Katastrophe werden. Wenn Muttertiere dabei sind, wie in Göttin zum Beispiel, können auch die Lämmer nicht mehr vermarktet werden", sagt Janine Bruser. Und eine Zucht, die über Jahre gewachsen ist, könne nicht einfach so schnell wieder aufgebaut werden. „Auch emotional kommt einiges dazu. Ich kenne wirklich hartgesottene Schäfer, die einfach nicht mehr konnten, als sie ihre Tiere tot oder schwer verletzt auf der Weide gefunden haben. Das sind die schlimmsten Bilder, die man sich als Halter vorstellen kann."

Der Schafzüchterverband fordert mehr Unterstützung vom Land für Nutztierhalter. Zäune aufzustocken reiche allein nicht aus, um das Problem zu beheben, betont die Verbandschefin. Sie sagt: „Die Wölfe, die Probleme machen, unabhängig von der Umzäunung, sollten abgeschossen werden. Da geht es überhaupt nicht darum, alle Wölfe auszurotten. Aber die Tiere müssen sich daran gewöhnen, sich von den Menschen und Nutztieren fernzuhalten." Wildschweine werden durch Wölfe aggressiver

„Wenn man Wölfe zur Bejagung freigeben würde, würden sie besiedelte Gebiete ganz schnell meiden. Damit wäre schon vielen geholfen", bestätigt Kreisjägermeister Hubertus Meyer-Loos. Die Tiere würden sich dann von selbst in schwach- oder unbevölkerte Gebiete zurückziehen. „Da gehören Wölfe auch hin, denn da können sie ungestört leben." Mit dem Auftauchen der Raubtiere verändere zudem das Wild sein Verhalten.„Hundeführer haben festgestellt, dass Wildschweine dann deutlich aggressiver gegenüber Jagdhunden sind." Auch Rotwild rotte sich zu größeren Rudeln zusammen, um sich besser zu schützen. „Unsere heimischen Wildarten nehmen den Wolf als Störfaktor wahr. Eine Gewöhnung ist da bisher noch nicht eingetreten."

BUND-Tierschützer: „Abschuss nicht notwendig"

Tierschützer sehen das anders. „Ein Abschuss ist nicht notwendig und wird von uns nicht befürwortet", sagt Thomas Metz, Chef der BUND-Kreisgruppe. Wölfe ernährten sich in aller Regel von Wildtieren. Nutztierrisse kämen nur selten vor. Dennoch seien sie für die betroffenen Tierhalter natürlich ein reales Problem. „Deshalb unterstützt der BUND jede Maßnahme, wo Tierhaltern geholfen wird.        Ihre Zäune wolfsabweisend aufzurüsten ist für viele einfach nicht machbar", sagt Thomas Metz. Kosten und Aufwand müssten da noch stärker vom Land aufgefangen werden.

Abschuss kein Thema auf Landesebene. Laut dem LfU-Sprecher Martin Schmidt besteht zurzeit auf Landesebene kein Grund für Abschussgenehmigungen. „Trotz relativ vieler Tiere ist es momentan landesweit sehr ruhig was Nutztierrisse angeht. Auch die beiden residenten Wolfspaare im Sachsenwald und im Segeberger Forst verhalten sich unauffällig."

Quellenangabe: Lauenburg vom 24.02.2023, Seite 8

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