BUND Kreisgruppe Herzogtum Lauenburg

BUND Wald-Team Herzogtum Lauenburg / Konzeptskizze Stand 26.2.2023

Uta von Bassi, Dr. Heinz Klöser, Dr. Lutz Fähser

Waldkorridore sind zwei gegeneinander geschobene Waldränder und sollten 50 Meter Breite möglichst nicht unterschreiten. Ihr Aufbau: Kraut/Saumbereich (2 m auf jeder Seite), Heckenbereich (5 m auf jeder Seite), in der Mitte (36 m Wald aus autochtonen Baumarten), siehe S. 25, Handbuch Biotopverbund Deutschland des BUND, 2020.

... wenn die Lebensräume außerhalb von Schutzgebieten nicht vernetzt sind, (kann) der Biotopverbund niemals seine volle Wirkung entfalten.“ (S.17, Handbuch Biotopverbund s.o.)
Der Anlass und die leitende Idee für das Konzept zur Vernetzung alter Wälder besteht darin, dem mit erhöhter Priorität ausgestatteten Energieinfrastrukturausbau als Ausgleich für die Natur einen annähernd bedeutsamen Biotopverbund (Grüne Infrastruktur, GI) in Form von Waldkorridoren an die Seite zu stellen. SH ist waldarm und will seinen Waldanteil seit Jahrzehnten erhöhen, was mit bisherigen Konzepten nicht gelungen ist. Daher erfordert es kreative Lösungen, die ein Zusammenwirken vieler
Akteure erfordern, um dem Klimawandel entsprechend zu handeln und dem Artensterben
entgegenzutreten.
Aus diesem Grund haben folgende Aktivitäten des BUND Wald-Teams im Herzogtum Lauenburg stattgefunden:
- Erstellung einer eigenen digitalen Potentialkarte zur Vernetzung alter Wälder für den Kreis Herzogtum Lauenburg und in angrenzende Kreise hinein (Herbst 2022)
- Gespräche mit dem Landesjagdverband (LJV) und daraus folgend ein Abgleich mit deren Karte zum Rotwildwegeplan (veröffentlicht im Januar 2023) mit unserer Karte und eine Verschneidung beider Karten (Herbst 2022)
- Gespräche mit der Integrierten Station Lauenburgische Landschaften wegen eines möglichen gemeinsamen Vorgehens, das in Aussicht gestellt wurde (Dezember 2022)
- Gespräche mit der UNB des Kreises Herzogtum Lauenburg, ob eine abgestimmte Strategie entwickelt werden könnte, was möglich erscheint; die UNB hat ihre Karten mit unseren verschnitten (Januar 2023)
- Austausch mit 50 Hertz, einem Stomtrassenbetreiber im Kreis Herzogtum Lauenburg, zunächst durch Abgleich von digitalen Karten (Herbst 2022) und eines Gesprächs im Januar in Mölln (2023), ob ökologisches Trassenmanagement (ÖTM) für unser Waldkorridorprojekt nutzbar gemacht werden kann und ob 50 Hertz möglicherweise als Projektpartner für ein BfN-Projekt zur Verfügung stehen könnte. So ein Projekt könnte z.B. die Bechsteinfledermaus fördern und für die 35 km neu zu erstellende Stromtrasse eine Option sein. Die Stromtrasse soll von Hamburg Ost bis
in den Suchraum Talkau zu einem neuen Netzverknüpfungspunkt von 40 Hektar (!) verlaufen, (50 Hertz, Vorhaben 51).Der BUND des Kreis Herzogtum Lauenburg hat deshalb am 1.2.23 an einem öffentlichen Kartierungsworkshop von 50 Hertz in Ratzeburg gemeinsam mit vielen anderen Akteuren teilgenommen, auch um die Idee der Waldvernetzung voranzubringen.
- Teilnahme am Biodiversitätssymposium am 23.2. in Mölln zum „Kurs Natur 2030“, ausgerichtet von der Integrierten Station Lauenburgische Landschaften, zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in SH
- Vorgespräch mit dem Deutschen Landschaftspflegeverband (DPV), der eine Beteiligung für später nicht ausschließen will, zunächst soll vom Verband allerdings das Grünland (in 2023) gefördert werden.
Nach einem ersten Treffen in einem erweiterten Kreis mit Waldinteressierten des BUND SH am 18.2.23 haben sich weitere Ideen zu möglichen Partnerschaften ergeben:
Eingebunden werden könnten:
- an den Kreis Herzogtum Lauenburg angrenzende BUND-Kreisgruppen
- der NABU für ein ÖTM-Projekt zur Artenvielfalt (s.o. wegen der Fledermaus)
- die Stiftung Naturschutz SH
- evtl. weitere Stiftungen
- der Waldfonds des BMUV
- die Bundesbürgerinitiative Waldschutz (BBIWS)
- sowie weitere kommunale oder private Waldbesitzer
- die AG-Geobotanik
- der Landesnaturschutzbeirat
- Kultur- und Geschichtsvereine, z.B. der Verein DIE HEIMAT zur Natur- und Landeskunde für SH,
Hmb und MV (s.u. wegen der historischen linearen Strukturen)
- Es ist bekannt, dass die Hauptschwierigkeit, einen guten Wald-Biotopverbund zu realisieren, darin besteht, an Flächen zu kommen. Deswegen ist die Zusammenarbeit mit Behörden und Kommunen unerlässlich, also den UNB der Kreise, den Flurbereinigungsbehörden, dem Umwelt- und dem Landwirtschaftsministerium und den weiteren mit Flächennutzung befassten Einrichtungen.


Drei Ideen für eine Vernetzung haben sich entwickelt:
1) Anthropogene und natürliche Strulturen
Um dem Ausbau der Energieinfrastruktur einen Biotopverbund (Grüne Infrastruktur, GI) in Form von Waldkorridoren an die Seite zu stellen, müssten mehr von Menschen gemachte Strukturen, die in heutiger Zeit ihre Bedeutung verloren haben, aber immer noch teilweise in der Landschaft zu finden und sich häufig in öffentlichem Eigentum befinden, einbezogen und genutzt werden.Folgende Strukturen haben Vernetzungspotential und sollten auf ihre Waldkorridortauglichkeit für ganz SH geprüft werden:
- stillgelegte Eisenbahntrassen
- Stromtrassen (alte und neue) durch Ökologisches Trassenmanagement (ÖTM)
- alte historische Wege wie z.B. der Ochsenweg
- das Danewerk
- der Limes Saxoniae
- Kanäle (z.B. Elbe-Lübeck, Nord-Ostsee-Kanal), wobei Durchquerungs- und Ausstiegshilfen für Tiere installiert werden müssen
- natürliche Wasserläufe (positiver Nebeneffekt: erhöhter Agrarflächenabstand zu Gewässern)


All diese Strukturen sollen erhalten bleiben, aber durch Waldkorridore für die Natur aufgewertet werden.
Das Konzept sieht vor: Vermittels Ökokontopunkten, Ausgleichszahlungen und Ausgleichsmaßnahmen
(z.B. bei neuen Stromtrassen, PV oder Windkraft) sollen diese linearen Strukturen mit einem mindestens
50 Meter breiten Waldkorridor angereichert werden, damit ein Waldverbund ermöglicht wird, der sich durch ganz SH bis nach DK (der Ochsenweg reichte bis Viborg in der Mitte Jütlands) und MV ziehen könnte. Von dort aus ließen sich dann auch abgelegene alte Wälder wie der Riesewohld in Dithmarschen anschließen. Für den Ausbau der Energieinfrastruktur ist für SH in großer Höhe mit Kompensationsgeldern für die Natur zu rechnen.


2) Agroforst
Agroforst bietet Potential, Flächen für Waldkorridore zu generieren. Die Einbeziehung des Agroforstes in das Waldvernetzungskonzept setzt Kontakte zum Bauernverband bzw. zu den Kreisbauernverbänden und zum Landwirtschaftsministerium (MLLEV) und den -kammern voraus, die hergestellt werden müssten. Das MLLEV will in 2023 Agroforst fördern.
Das Konzept sieht vor: Durch einen Fördertopf, der gezielt für Waldkorridore aufgelegt werden müsste, soll es gelingen, Wälder durch Agroforst miteinander zu vernetzen. So ließen sich auch quer durch freie Ackerflächen verlaufende Waldkorridore realisieren, wenn die entsprechende Förderung stimmt und der Agroforst dann als Waldkorridor fungieren kann (für das Herzogtum und angrenzende Gebiete existiert
eine Karte mit Vernetzungslinien, die die Landwirtschaftskammer in ihre Karten integrieren könnte. Wie genau so ein Agroforst-Projekt aussehen kann (Pappeln, Obstbäume, Trüffelbäume (!), Walnussbäume...), müssten dann die Fachleute entscheiden, aber als Idee sollte die Kombination von Waldkorridoren und Agroforst unbedingt in die Landwirtschaft hineingetragen werden, denn darin großes Potential für
eine Waldvernetzung.


3) Regionalpläne
Die wichtigsten Waldkorridore müssen in die neu zu erstellenden Regionalpläne verbindlich eingetragen werden, damit an den entsprechenden Verkehrswegen (Auto- und Eisenbahnverkehr) Grünbrücken für wandernde Arten vorgesehen werden können. Es muss sichergestellt werden, dass keine späteren kommunalen Planungen die wichtigsten Wanderrouten versperren oder entwerten können. Vor allemPhotovoltaikflächen, die bevorzugt an Autobahnen entstehen sollen, haben bei ungesteuerter Errichtung
großes Potential, alle Vernetzungsbemühungen zunichte zu machen.
Das Konzept sieht vor: Sich mit möglichst vielen Akteuren abzustimmen, wie z.B. dem
Landesjagdverband, der AG Geobotanik, dem Landesnaturschutzbeirat, weiteren Waldinteressierten und
-initiativen in SH, um möglichst dieselben Korridore bei der Auslegung der Regionalpläne (vermutlich im Sommer 2023) vorzuschlagen.
Uta.vonBassi@bund-herzogtum-lauenburg.de

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